Candidate First: Warum Jeff Bezos am HR-Tisch sitzen sollte
Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt – wie viel Wahrheit steckt hinter diesen Slogans in den Stellenanzeigen vieler Unternehmen wirklich? Achtung Spoiler-Alarm: Nicht so viel, leider. Und dass, obwohl klar ist, dass sich Arbeitgeber mehr denn je, um Mitarbeitende bemühen müssen. Wir zeigen, wie Candidate First wirklich Teil der Arbeitgeberphilosophie wird.
Gesucht: Arbeitgeber mit Perspektivwechsel (m/w/d).
In Zeiten eines sich stetig wandelnden Arbeitsmarktes ist ein Candidate-First-Mindset für Arbeitgeber mehr als nur eine Option – es ist eine dringende Notwendigkeit. Die Arbeitsmarktsituation hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Demografischer Wandel, Digitalisierung und die Suche nach neuen Talenten sind allgegenwärtige Herausforderungen. In dieser hochkompetitiven Umgebung werden es nur Arbeitgeber schaffen, die ihr Recruiting auf ein völlig neues Niveau heben.
Warum? Weil Kandidat:innen heute die Wahl haben, sich ein Jobangebot auszusuchen. Denn das Angebot übersteigt deutlich die Nachfrage auf dem Markt. Ein Glück für die Talente. So können sie gezielt die Arbeitgeber auswählen, die in sie investieren, ihre Fähigkeiten wertschätzen und ein inspirierendes Arbeitsumfeld bieten. Also Arbeitgeber, die ihre Zielgruppen in den Mittelpunkt stellen und die „Kandidat:innenbrille“ tragen, um ihr Recruiting kandidat:innenzentriert umzusetzen.
Candidate First bedeutet daher in erster Linie, dass Unternehmen die Perspektive wechseln und sich darauf konzentrieren, die Bedürfnisse und Erwartungen der Kandidat:innen zu verstehen und zu erfüllen. Ein solcher Ansatz bringt vielfältige Vorteile mit sich: Er ermöglicht es Arbeitgebern, sich von der Konkurrenz abzuheben und einzigartige Employer Brands aufzubauen. Dadurch werden gezielt mehr passende Kandidat:innen erreicht. Zudem steigert ein Candidate-First-Mindset die Mitarbeiter:innenzufriedenheit und -bindung, da die Menschen sich von Anfang an wertgeschätzt und in den Arbeitsprozess integriert fühlen.
... der Wandel hin zu „Candidate First“ oder auch Candidate Centricity genannt, nicht nur ein Schlagwort sein darf, sondern eine essenzielle Philosophie repräsentiert, die das Herzstück erfolgreicher HR-Aktivitäten bildet.
Candidate First ist ein bewährtes Erfolgsrezept.
Es ist keine neue Erkenntnis, dass viele Prinzipien und Konzepte aus Marketing und Vertrieb ebenso erfolgreich im HR-Bereich angewandt werden können. Immerhin gibt es zahlreiche Parallelen zwischen Produkt- und Personalmarketing. Dementsprechend ist es keine Überraschung, dass die weltweit bekannte Customer-First-Theorie von Jeff Bezos einwandfrei für HR und damit für Candidate First funktioniert.
Ein kurzer Exkurs zu Customer First: Amazon hat es unter anderem deswegen zu so einem großen Erfolg geschafft, weil der Konzern penibel auf Kund:innenwünsche und -bedürfnisse geachtet und sie in seinem Business Model realisiert hat. So hat Jeff Bezos in verschiedenen Meetings einen leeren Stuhl an den Tisch gestellt, um alle Anwesenden an “die wichtigste Person im Raum” zu erinnern – die Kund:in. Mit Erfolg, denn wenn Amazon nicht erkannt hätte, dass die Kund:innen an den verschiedensten Produkten interessiert sind und sich eine größere Produktauswahl wünschen, würde es im Shop immer noch nur Bücher, Musik und Filme zu kaufen geben.
Firmen, die ihre Karriereseite mit “Unsere Mitarbeitenden stehen bei uns im Mittelpunkt” schmücken, nutzen genau diese Customer-First-Theorie für sich. Um die Philosophie nun auch erfolgreich auf Candidate First zu überführen, braucht es einen Stuhl in jedem HR-Meeting, der an die Talente erinnern soll. Aber wo ist er in der Praxis?
Candidate Centricity holt die Talente mit an den HR-Tisch.
Wir wissen bereits, dass Candidate Centricity ein übergreifender Ansatz ist, welches mit dem ersten Touchpoint der Candidate Journey beginnt, über das Onboarding hinweg in die Employee Journey übergeht und letztendlich im Offboarding mündet. So weit so gut.
Kommen wir nun von der Theorie in die Praxis. Um zu erkennen, ob Candidate First nur auf einem Blatt Papier existiert oder tatsächlich umgesetzt wird, helfen beispielsweise folgende Fragestellungen:
- Ist die Karriereseite intuitiv und mit einem Klick von der Homepage aus erreichbar?
- Ist die Stellenanzeige auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt und finden Talente dort alle für sie relevanten Inhalten?
- Ist eine schnelle Rückmeldung (innerhalb weniger Tage) nach Bewerbungseingang gegeben und wird der Status der Bewerbung transparent dargestellt?
Tipp 1:
Oder ganz einfach gesagt: Wagt den Selbsttest und bewerbt euch bei euch selbst. Nichts ist erkenntnisreicher als selbst „Bewerber:in“ zu spielen. Zusätzlich können Freundes- und Bekanntenkreise helfen, auf das ein oder andere bislang ungenutzte Potenzial hinzuweisen, um die Bewerbersituation noch besser zu verstehen. Ebenso lohnt es sich, sich bei einem anderen Arbeitgeber zu bewerben, um so zu erfahren, wo Potenziale noch ungenutzt bleiben. Aber auch, an welchen Punkten man besser ist als andere Arbeitgeber.
Tipp 2:
Neben der Selbstwahrnehmung braucht es auch die Fremdwahrnehmung, um Schwächen und Stärken in der Candidate Journey aufzudecken. Dafür helfen kurze Um-/Rückfragen an die Kandidat:innen während des Bewerbungsprozesses. Auch sollten die Mitarbeitenden zur damaligen Candidate Journey und jetzigen Employee Expierence befragt werden. So können Verbesserungen oder Verschlechterungen auftauchen, die auf verschiedene Änderungen im Bewerbungsprozess zurückzuführen sind.
Tipp 3:
Ein zusätzlicher externer Blick kann bislang unentdeckte Lücken in der User Experience auf die Schliche kommen. So prüfen Testproband:innen das Webseitenerlebnis auf der eigenen Karriereseite und Stellenanzeigen in einem Usability Lab.
Diese Eindrücke, Meinungen und Erfahrungen verschaffen den Kandidat:innen einen vollwertigen Stuhl im HR-Meeting.
Aspekte für mehr Candidate Centricity im Recruiting.
Arbeitgeber, die die Bedürfnisse, Erwartungen und Anforderungen der Kandidat:innen und Mitarbeitenden wirklich in den Mittelpunkt zu stellen, achten auf folgende Aspekte:
People First.
Fest steht: Candidate First funktioniert nur, wenn HR sich auf die richtigen Kandidat:innen konzentriert und sich in ihre Lage hineinversetzt. Um herauszufinden, was diese Kandidat:innen anzieht, braucht es auch den Blick in die eigenen Reihen. Wer könnte besser sagen, weshalb sie bei einem arbeiten als die Mitarbeitenden selbst? Sie sind schließlich auch ein Teil der Zielgruppen für das Recruiting und das Employer Branding.
Beide Bereiche sind miteinander verwoben, sodass Recruiting nicht ohne Employer Branding funktioniert und andersherum. Wer sagt, dass die Menschen im Mittelpunkt stehen, der meint Kandidat:innen und Mitarbeitenden gleichermaßen. Welche Gemeinsamkeiten Arbeitgeber, Mitarbeitenden und Kandidat:innen teilen, definiert der sogenannte Sweet Spot.
#lessonslearned
- Candidate-First-Mindset ist kein Luxus, sondern ein strategischer Imperativ. Unternehmen, die die Bedeutung dieses Ansatzes erkennen und in ihre HR-Strategien integrieren, werden in der Lage sein, die besten Talente anzuziehen, zu halten und zu fördern – und somit den Schlüssel zum langfristigen Erfolg in einer volatilen Arbeitswelt in Händen halten.
- Sowohl für das Employer Branding als auch im Recruiting ist es von fundamentaler Bedeutung, sämtliche HR-Maßnahmen und -Initiativen auf die Menschen – seien es potenzielle Kandidat:innen oder die bestehenden Mitarbeiter:innen – auszurichten.
- Sich die „Kandidaten-Brille“ aufzusetzen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eines von Stärke für das Recruiting. Denn die Bedingungen, Bedürfnisse und Anforderungen von Kandidat:innen unterstehen dem Wandel. Kein Bewerbungsprozess bleibt ewig gut. Ein regelmäßiger Check ist daher unentbehrlich, um Trends nicht zu verpassen oder (viel fataler) Talente aufgrund einer schlechten Candidate Experience zu verlieren.
Über uns.
YeaHR! hilft, (internationale) Arbeitgebermarken zum Strahlen zu bringen, schwierige Recruiting-Herausforderungen zu lösen und intern Kommunikation und Change voranzutreiben. Dabei ist uns (fast) keine Herausforderung zu groß. Deswegen sagen wir: Challenge accepted!