Employer Branding in Krisenzeiten - das Streitgespräch

Employer Branding in Krisenzeiten?

In krisengeprägten Unternehmen steht HR zwischen wirtschaftlichen Herausforderungen und einem schwierigen Arbeitsmarkt oft in einer schlechten Verhandlungsposition. Trotz der dringenden Notwendigkeit von Investitionen in bestehende und potenzielle Mitarbeitende müssen Personaler:innen hart dafür kämpfen. In einem fiktiven, aber sehr realistischen Streitgespräch zwischen Herrn G. Schäftsführer und Per Sonaler geben wir Einblick in die bizarre Lage.

Employer Branding in Krisenzeiten: das Streitgespräch.

Es begab sich aber, dass die Wirtschaft in Deutschland lahmte. Die letzten Monate waren geprägt von Unsicherheit und Investitionszurückhaltung. In diesen Tagen betritt der HR-Referent Per Sonaler das Büro des Gründers. Wir nennen ihn vorsichtshalber nur G. Schäftsführer.

Im Folgenden entspinnt sich folgendes Gespräch:

G. Schäftsführer: „Und? Sind denn endlich die paar Stellen, die wir suchen, mittlerweile besetzt?“

Per Sonaler: „Die paar Stellen? Wir haben dieses Jahr 40 offene Stellen zu staffen, um unser Wachstum zu realisieren. Und weitere 30, um Nachbesetzungen zu füllen.“

G. Schäftsführer: „Nachbesetzungen? Welche Nachbesetzungen?“

Per Sonaler: „Na für die, die ausscheiden. Und die, die gehen. Und das sind übrigens deutlich mehr als sonst. Vor allem verlieren wir überdurchschnittlich viele Mitarbeitende noch in der Probezeit.“

G. Schäftsführer: „Warum? Wir zahlen doch vernünftig und haben ein spannendes Business, bei dem man 40 Stunden die Woche richtig mitgestalten kann!?“

Per Sonaler: „Ja, aber leider zahlt die Konkurrenz höhere Gehälter, lockt mit zielgruppenspezifischen Benefits und flexiblen Arbeitsmodellen und vermarktet das dann auch noch besser! Deswegen wollte ich ja auch nochmal auf meinen Vorschlag zurückkommen, dass wir im Personalmarketing mehr investieren müssen. Nach außen wie nach innen.“

G. Schäftsführer: „Nix da, es sind unsichere Zeiten. Das würde hier keiner verstehen, wenn wir dafür Budgets ausgeben.“

Per Sonaler: „Aber im Marketing haben wir doch auch nichts gekürzt...“

G. Schäftsführer: „Papperlapapp! In der Krise wird in Marketing und Vertrieb investiert. Sonst ist es ja irgendwann zu spät!“

Per Sonaler: „Ach.... – können wir dann wenigstens Kapazitäten in ein Update unserer Karriereseite stecken und ein zusätzliches Budget für eine lokal ausgesteuerte Social-Media-Kampagne einsetzen? Da reden wir in Summe vielleicht von circa 20.000 EUR. Das ist ja nicht zu viel verlangt bei knapp 100 Stellenbesetzungen.“

G. Schäftsführer: „20.000 EUR? Die Hälfte vielleicht. Dann will ich aber Plakate sehen! Und zwar im Umkreis von mindestens 50km!“

Per Sonaler: „Okay... ich prüfe das.
Was unsere eigene Belegschaft angeht, sollten wir jedenfalls auch was tun. Die bekommen alle Angebote der Konkurrenz. Ich schlage vor, wir machen dieses Jahr eine richtig große Sause zum Sommerfest. Mit Familien.“

G. Schäftsführer: „Wie sieht denn das aus? Vor 12 Monaten waren wir noch knapp vor der Kurzarbeit. Ich denke, es sollte ausreichen, wenn ich die Führungskräfte mal einnorde und eine Mail an alle schicke, dass sie froh sein können, hier zu arbeiten. Was meinen Sie?“

Per Sonaler: „Okay... ich prüfe das.
Was ich aber auf jeden Fall noch ansprechen will, ist, dass wir einige freie Kapazitäten im HR-Bereich haben. Die würde ich gerne dafür einsetzen, um unsere Arbeitgebermarke upzudaten. In den letzten vier Jahre ist eine Menge bei uns passiert, dass sollten wir dringend auf den neusten Stand bringen und entsprechend kommunizieren.“

G. Schäftsführer: „Freie Kapazitäten? Dann soll Resturlaub genommen und Überstunden abgebummelt werden. Können die Kollegen und Kolleginnen nicht auch in der Buchhaltung mithelfen? Marketing versuracht gerade deutlich mehr Rechnungen.“

Per Sonaler: „Hmm…, ich prüfe das.
Zu guter Letzt: Wir haben einige kritische Stimmen auf kununu. Man beschwert sich, dass wir aus der Zeit gefallen sind und gerade die wichtigen Themen für jüngere Zielgruppen nicht aktiv auf dem Radar haben: Gesundheit, Nachhaltigkeit, flexibles Arbeiten und so weiter.“

G. Schäftsführer (implodiert): „Diese undankbare Generation! Da antworte ich persönlich. Die können sich auf was gefasst haben. Wo muss ich klicken?“

Per Sonaler: „Ich prüfe das.“

Nach dem Streitgespräch...

Sechs Monate später geriet das Unternehmen von Herrn G. Schäftsführer in eine echte Schieflage. Die Gründe dafür lassen sich nur erahnen, aber so viel sei gesagt: Die Konkurrenz hat mittlerweile leichtes Spiel gehabt, all die talentierten Mitarbeitenden abzuwerben. Auch der HR-Referent Per Sonaler arbeitet jetzt remote für den größten Wettbewerber in der Region. Die Antwort des Chefs auf die Arbeitgeberbewertungen hat den Score in den Keller rauschen lassen. Und nachdem der Rest der Belegschaft demotiviert und mental schon gekündigt hatte, war es auch viel zu spät, das Personalmarketing wieder hochzufahren.

Und wie steht es nun um G. Schäftsführer? Der wird morgen seine Tochter fragen, ob sie das Unternehmen übernehmen möchte.
Ihre Antwort: „Okay, ich prüfe das.“

Employer Branding in Krisenzeiten: ein Statement.

Investitionen in Personalmarketing sind entscheidend, besonders in Zeiten, in denen Kandidat:innen vor lauter Angeboten sich den Arbeitgeber mit den besten Konditionen aussuchen können. Konkurrenzfähig zu bleiben, fordert nicht nur von HR, sondern vor allem auch von der Geschäftsführung, über den Tellerrand zu blicken und sich mit der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt vertraut zu machen. Zu glauben, dass die Mitarbeitenden bleiben, weil sie für ihre Arbeit bezahlt werden und hier und da mal ein kleines „Dankeschön“ per Mail bekommen, lebt in falschen Zeiten.

Gerade in Krisenzeiten zahlt sich Employer Branding aus. Wer sich mit den Bedürfnissen, Wünschen und Ängsten der Zielgruppen auseinandersetzt und sie lernt zu verstehen, wird den besseren Zugang zu aktuellen und potenziellen Mitarbeitenden finden. Eine Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur zu schaffen, die auf Authentizität und Transparenz im Umgang mit Feedback, Leadership, Kommunikation und vieles mehr setzt, kann die Arbeitgebermarke nachhaltig stärken.

In unsicheren Zeiten sind Agilität und langfristige Planung unerlässlich für den Unternehmenserfolg. Im Streitgespräch wird deutlich, wie schnell sich die Arbeitswelt, die Anforderungen der Arbeitnehmer:innen und andere Faktoren verändern können. Arbeitgeber müssen agil sein, um Prozesse und Strukturen zu schaffen, die sie gegebenenfalls schnell anpassen können. So sind auch kurzfristige Denkweisen und übertriebene Sparmaßnahmen hemmend statt förderlich – auch wenn es im ersten Augenblick nachvollziehbar erscheint. Um dem Unternehmenswachstum gerecht zu werden und die Mitarbeitendenbindung zu stärken, müssen entsprechende Ressourcen für HR bereitgestellt werden. Genau wie im Marketing oder im Vertrieb sind Strategien langfristig zu verfolgen, um nachhaltige Erfolge erzielen zu können.

#lessonslearned

Ideenmonster
  • Statt sich an die Wirtschaftslage anzupassen, lohnt es sich, azyklisch zu denken und zu investieren. Zumindest aus der HR-Brille heraus – Wirtschaft runter, HR-Budget rauf. Denn in Zeiten, in denen Arbeitgeber ihre wertvollen Mitarbeitenden nicht schätzen und sie unterstützen, beißt sich die Katze selbst in den Schwanz.
  • Arbeitgeber, die während der Corona-Pandemie ganze Abteilungen entlassen haben, haben die Konsequenzen – als sich die Lage wieder entspannte – bitter bezahlen müssen. Zwar füllten sich die Auftragsbücher wieder, aber ihnen fehlten die Fach- und Führungskräfte, diese zu realisieren.
  • Davon abgesehen, dass Arbeitnehmer:innen in der komfortablen Situation sind, sich ihre Arbeitgeber immer mehr aussuchen zu können, gewinnt Employer Branding an enormer Bedeutung für jedes Unternehmen. Denn qualifizierte Mitarbeitende zu halten und eine attraktive Arbeitgebermarke zu schaffen, um neue Talente zu gewinnen, wird zur Königsdisziplin im Personalwesen.

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