Wirtschaft runter, HR-Budgets runter rauf!
Wir leben in stürmischen Zeiten. Eine Welle folgt der nächsten und Unternehmen bleibt keine Zeit zum Luftholen. So passiert es, dass Firmen immer wieder in denselben Strudel geraten. Ganz nach dem Motto: Wirtschaft runter, HR-Budgets runter! Dass dieses Handeln auf lange Sicht zum Schiffsbruch führt und wie sich Arbeitgeber hier sicher herausmanövrieren können, darüber hat sich unser Geschäftsführer Andreas ein paar Gedanken gemacht.
Stürmische Zeiten beherrschen den Markt.
Es sind keine einfachen Zeiten. Die deutsche Wirtschaft will nicht ans Laufen kommen, auch für 2024 sind die Aussichten nicht besonders rosig. Und wie in den letzten Jahrzehnten greift erneut auf ganz pawlowsche Manier der Reflex: wenn die Wirtschaft abrauscht, müssen auch die HR-Budgets runter. Keine exklusiven Mitarbeitenden-Goodies. Keine ausufernden Sommer- oder Weihnachtsfeiern. Vielleicht weniger Fortbildung. Aber auf jeden Fall weniger Invest in Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting.
Nun trifft dieser Reflex aber auch zwei Umstände:
Erstens die allgemeine Arbeitslage, die Stepstone hier so wunderbar als Vollbeschäftigungs-Rezession beschrieben hat. Also der Zustand, wenn dir als Arbeitgeber wegen des demografischen Wandels, Abwanderung von Industrien oder ganz einfach Abwanderungen ins Bürger:innengeld händeringend Leute fehlen, um den Status Quo aufrecht zu erhalten. Von Wachstum gar nicht zu sprechen.
Und zweitens eine weiterhin enorm hohe Wechselbereitschaft bei den Arbeitnehmer:innen, die man eben genau aufgrund der reduzierten internen Maßnahmen nur weiter vergrault.
Mitarbeiter:innenverluste werden kostenintensiver.
Für Unternehmen bedeutet das: Verliere ich einen Mitarbeitenden, kostet das heute nicht mehr nur die üblichen Transaktions- und Prozesskosten (Ausschreibung, Suche, Onboarding, etc.), sondern die Kosten verdreifachen sich:
- Die Time-to-Hire steigt: Bis zu sechs Monate brauchen Unternehmen in der Regel, um eine neue Stelle im Blue-Collar-Bereich zu besetzen. Hinzu kommt, dass auch die Ausschreibung teurer als je zuvor ist. Denn die Preise für die Keywords auf Google, LinkedIn und Co steigen und steigen. Auch die Kanäle, auf denen Arbeitgeber nach neuen Talenten suchen, werden nicht weniger, sondern mehr. Alles in allem fordert die Suche nach Mitarbeitenden mehr Ressourcen und wird immer aufwändiger.
- Die neue Person – sofern ich sie denn finde – kennt ihren Wert heutzutage sehr gut (Stichwort „Arbeitnehmermarkt“). Daher ist es nicht unüblich, dass Kandidat:innen direkt 10 bis 20% mehr Gehalt als die Vorgänger:in insistieren. Auch hier entpuppt sich ein weiterer Kostentreiber.
- Der dritte Wermutstropfen, den Unternehmen zu tragen haben, betrifft die Bewerber:innenqualität. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die neue Person nicht dieselbe Qualität liefern wie die alte. Die Gründe dafür sind verschieden. Da ist zum einen die Qualität der Ausbildung, die in der Corona-Zeit deutlich nachgelassen hat. Das betrifft zurzeit vor allem Berufsanfänger:innen. Schließlich hat Corona dem Bildungssystem hart zugesetzt. Zum anderen wird es auch daran liegen, dass die richtig Guten, also die Top-Talente, gar nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt zu finden sind und es so umso schwieriger ist, sie für das eigene Unternehmen zu interessieren. Sie sind enorm schwer und nur mit noch größerem Aufwand zu erreichen.
Die einfache aber erschreckende Formel lautet also: Reduziere ich als Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten meine HR-Budgets (intern wie extern), wird mein Betrieb schrumpfen, eine schlechtere Mitarbeiter:innenbindung haben und durch Suche und Neubesetzung bedingt mehr Kosten verursachen.
Insofern wird es auf Kosten der Margen gehen müssen, die eigenen Leute zu halten und einen konstanten Flow an Kandidat:innen zu generieren. Denn wenn die Wirtschaft wieder anspringt, trifft ein Wachstumsplan ganz schnell auf die schrumpfende Personaldecke und eine fast aussichtslose – aber auf jeden Fall zu teure – Suche nach neuem Personal.
Land in Sicht?
Wer also wieder Land sehen will, der braucht einen neuen Fahrplan, um aus diesem Strudel herauszukommen. Die Herausforderung besteht darin, eine ausgewogene Strategie zu entwickeln, die die aktuellen wirtschaftlichen Realitäten berücksichtigt, aber gleichzeitig die langfristige Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sicherstellt. Folgende Punkte helfen dabei, wieder auf Kurs zu kommen:
Langfristige Mitarbeiter:innenbindung priorisieren.
Unternehmen sollten trotz wirtschaftlicher Herausforderungen ihre langfristige Mitarbeiterbindung stärken. Das bedeutet, Mitarbeiteranreize und -vorteile beizubehalten, um die Arbeitszufriedenheit zu erhalten und Abwanderungstendenzen entgegenzuwirken.
In internes Talentmanagement investieren.
Trotz Budgetbeschränkungen empfiehlt es sich, interne Maßnahmen nicht komplett einzustampfen, um die Qualifikation und Motivation der bestehenden Belegschaft auch weiterhin zu fördern. Dies stärkt das Vertrauen und schafft Sicherheit für die Mitarbeitenden.
Employer Branding und Personalmarketing fortführen.
Es ist ratsam, in schwierigen Zeiten nicht am Employer Branding und Personalmarketing zu sparen. Eine starke Arbeitgebermarke kann auch in Rezessionszeiten dazu beitragen, qualifizierte Fachkräfte anzuziehen und die Suche nach neuen Mitarbeitenden zu erleichtern. Nicht zu vergessen, dass die Unternehmen, die nicht die HR-Budgets radikal gekürzt haben, in wirtschaftlich besseren Zeiten dann viel schneller handlungsfähiger und erfolgreicher sein werden.
Flexible Gehaltsstrukturen und Zusatzleistungen bieten.
Angesichts des Arbeitsmarktes sind Unternehmen gut beraten, wenn sie flexible Gehaltsstrukturen und zusätzliche Anreize in Betracht ziehen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Damit wird die Arbeitgebermarke nach außen attraktiver, wodurch qualifizierte Talente angezogen werden. Intern wirkt sich der Invest ebenfalls positiv aus, da dem Verlust erfahrener Mitarbeitenden so entgegengewirkt wird.
Die HR-Budgets sollten nicht ständig gekürzt oder gar ganz eingestampft werden - auch wenn es der Wirtschaft aktuell nicht gut geht.
Recruiting effizienter gestalten.
Um die steigenden Kosten für die Personalgewinnung zu bewältigen, bedarf es einer Optimierung der Recruiting-Prozesse. Dies könnte den Einsatz neuer Technologien, den Fokus auf kosteneffiziente Recruiting-Kanäle und die Verbesserung der Auswahlverfahren umfassen.
Bildungsdefizite berücksichtigen.
Unternehmen müssen sich bewusst machen, dass während der Pandemie Bildungsdefizite entstanden sind, die Einfluss auf die Qualität von Mitarbeitenden haben. Gezielte Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen tragen dazu bei, die Leistungsfähigkeit neuer Teammitglieder zu steigern.
#lessonslearned
- Statt die HR-Budgets in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu kürzen, sollten sie nur kurzfristig und auch nur geringfügig angepasst werden. Denn nach jedem Abschwung folgt ein Aufschwung – das lehrt uns die Geschichte. Wer wettbewerbsfähig bleiben will, der muss also den pawlowschen Reflex unterdrücken und auf lange Sicht fahren.
- Der Hiring Freeze wie zur Hochzeit der Corona-Pandemie ist in gewissen Maßen verständlich und wirtschaftlich betrachtet sinnvoll. Massenentlassungen, um dann Monate später wieder händeringend nach qualifiziertem Personal zu suchen, hingegen nicht. Die Auswirkungen dieses Handelns werden wir noch lange spüren. Verkürzte Öffnungszeiten in Restaurants sind nur ein Beispiel dafür.
Über uns.
YeaHR! hilft, (internationale) Arbeitgebermarken zum Strahlen zu bringen, schwierige Recruiting-Herausforderungen zu lösen und intern Kommunikation und Change voranzutreiben. Dabei ist uns (fast) keine Herausforderung zu groß. Deswegen sagen wir: Challenge accepted!